„How do we get out of all this darkness?“
19 €
„Austerity is a very conscious aesthetic decision of mine. I usually build the pieces with lavish backstories but I give the works a simple form to divert from the rather baroque references and bring the viewer to a different state of perception and feeling of trust. I don’t want viewers to fight the form – they should surrender to the seemingly harmonious structure, which may ultimately irritate and distress them once they find out the story behind it.” – Maria Loboda
Maria Loboda (geb. 1979 in Krakau) hat eine Vorliebe für verschlüsselte Botschaften und Bedeutungen. In ihren Skulpturen, Installationen und Collagen verschleiert das Schöne und Harmlose den teils unheimlichen, teils bedrohlichen Wesenskern der Dinge. Dabei entwickelt Loboda eine ganz besondere Form zeitgenössischer Archäologie, in der sie durch die Neuordnung von Zeichen und die Reinszenierung alter Symboliken ganz neue Interpretationen und Assoziationen schafft. So beziehen sich die Arbeiten unter anderem auf rätselhafte Legenden und Protagonisten sowie historische Begebenheiten, verbünden sich jedoch ebenso zu einer neuen, sich ständig wandelnden Erzählung.
In ihrem dOCUMENTA 13-Beitrag This Work is Dedicated to an Emperor (2012) beispielsweise enttarnte Loboda die romantische Schönheit der Natur als unberechenbare Camouflage: Zwanzig eingetopfte Zypressen ahmten auf der Karlsaue alte, schriftlich überlieferte Heeresformationen nach und ordneten sich fast wie von Geisterhand täglich neu.
Nicht nur das Verhältnis zur Natur, auch das geistig-spirituelle Verständnis von Raum und Interieur des beginnenden 20. Jahrhunderts greift Loboda in ihrer Kunst auf. Ganz nach Sigmund Freuds Aussage „Das Ich ist nicht Herr im eigenen Haus“ ergriff in Maria Lobodas Braunschweiger Ausstellung Dead Guardian das Unbewusste, längst Vergessene von den Räumen der Villa Salve Hospes Besitz. Das 1808 im frühklassizistischen Stil erbaute Wohnhaus wurde zu einem entrückten Ort, an dem die Gegenstände und Fragmente ein verborgenes Eigenleben zu führen schienen. In Abwesenheit des Menschen hatte sich jedoch auch die Natur ihr Revier bereits zurückerobert. Die sonst so erhabene und stolze Villa wurde in subtiler Weise aus dem Gleichgewicht gebracht, der Schutzraum geriet fast unbemerkt aus den Fugen und es herrschte eine sonderbar angespannte Stille, die sprichwörtliche „Ruhe vor dem Sturm“. In diese Stille hinein wandte sich Maria Lobodas Kunst in den Sprachen und Formen der Mystik und Alchemie, der Antike und des Alten Ägyptens an den Betrachter.
Im Zentrum der Schau stand die Dichotomie von Kultur und Natur, Ordnung und Chaos, Verstand und Instinkt, Hochkultur und Archaik. Aus beiden Welten fanden sich Zeichen und Vorboten, die sich verdichteten und miteinander verbanden bevor schließlich die unzähmbare Natur vollends die Kontrolle übernahm. Die Schutzpatronen, wie sie vor und in der Villa Salve Hospes in Form von antiken Symbolen wiederholt vorkommen, schienen ihre Wirkung längst verloren zu haben und spiegelten im selben Moment die Urangst des Menschen vor dem Zusammenbruch seiner mühevoll erschaffenen, kulturellen Bastion wider.
Die Prophezeiung, die Oswald Spengler in seinem Buch Der Untergang des Abendlandes (1918) formulierte, in dem er die Vollendung von Kultur mit deren Ende gleichsetzte, findet in Lobodas Werken und ihrer Zusammenkunft ein eindrückliches Bild. Die Anzeichen für den nahenden Niedergang mehren sich und eine alte, archaische Kultur probt die Wiederauferstehung.
Maria Loboda hat an der Städelschule in Frankfurt bei Mark Leckey studiert. Neben der dOCUMENTA 13 in Kassel nahm sie an zahlreichen Gruppenausstellungen teil, unter anderem im Museum of Modern Art, Dublin (2013) und im Hamburger Bahnhof, Berlin (2011). Einzelausstellungen widmeten ihr beispielsweise der Kunstverein Bielefeld (2010), das Ludlow 38, New York (2012) und das Museo Reina Sofia, Madrid (2013). Ausstellung und Katalog wurden maßgeblich unterstützt durch den Förderpreis Kataloge für junge Künstler der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung.
Die Ausstellung wurde unterstützt durch:
Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur
Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung
VEOLIA Environnement
Polnisches Institut Berlin