100 Jahre Karneval
10 €
Francisco Montoya Cázarez (geb. 1985 in Cuernavaca, Mexiko) setzt sich in seinen aktuellen Zeichnungen, Tuschen, Performances und Filmarbeiten mit der gesellschaftlichen Situation seines Heimatlandes Mexiko auseinander. Vom 12. März bis zum 22. Mai war eine Auswahl seiner Arbeiten in der Remise des Kunstvereins Braunschweig zu sehen.
Auf den ersten Blick wirken Montoyas Arbeiten wie folkloristische Klischees, die eine typisch europäische Wahrnehmung Mexikos zu reflektieren scheinen. Bei näherer Betrachtung jedoch lässt sich eine intensive Auseinandersetzung mit der Realität des Landes in Montoyas Werken ablesen. So ist die Tierwelt seiner Zeichnungen und Tuschen nicht etwa einer bäuerlichen Idylle entlehnt, sondern bezieht sich auf Decknamen für verschiedene Drogen und Waffen. Montoya lässt sie zu Kompositionselementen seiner Drogenkrieg-Szenarien werden, die mitunter an die Desastres de la Guerra von Goya erinnern.
Ziegenböcke, Papageien und Hähne bevölkern gleichsam auch Musikgenres wie den ‚Corrido‘. Aus dem traditionellen Heldenlied hat sich das Subgenre des ‚Narcocorrido‘ entwickelt, in dem gewalt- und drogenverherrlichende Inhalte versteckt einer breiten Öffentlichkeit vermittelt werden. In seinen Performances und Filmen knüpft Montoya an diese ambivalente Rolle der mexikanischen Musik an und überführt ihre traditionelle Festlichkeit in ein Symbol für Verbrechen und Ausweglosigkeit. In dem Film Das Bundesständchen (2010) singt er vor dem Bundeskanzleramt eine ‚Serenata‘ für die Kanzlerin. Während das abendliche Liebeslied im Grunde ein Werben um die Gunst einer Frau darstellt, erzählt es hier nicht ohne Humor von der Zerrissenheit des mexikanischen Volkes zwischen Stolz und Leid. Dieser nationale Konflikt durchdringt auch Montoyas Installation The Monument to the Revolution (2011). Ursprünglich als Regierungssitz geplant, blieb der Bau durch die langen aufständischen Kämpfe unvollendet und dient heute als Denk- und Mahnmal der Revolution. Als grober Holznachbau wurde es in der Ausstellung zu einem Hühnerstall, der des Charakters eines stolzen Nationalsymbols vollkommen entbehrt und so vielmehr zu einem Symbol nationaler Frustration wird.
Im Obergeschoss der Remise war eine große ‚Piñata‘ als Sinnbild mexikanischer Festlichkeit platziert. Traditionell wird die bunte Bonboniere vor allem an Weihnachten zerschlagen, um das Böse zu vertreiben. Bei Montoya ist sie bereits aufgeplatzt und nahm in Form eines Hahnes den ganzen Raum ein.
Mit Francisco Montoya Cázarez gab der Kunstverein Braunschweig erneut einem jungen Absolventen der Kunsthochschule Braunschweig die Möglichkeit einer ersten institutionellen Einzelausstellung. Montoya schloss im Jahr 2010 sein Studium der freien Kunst ab und ist Meisterschüler in der Klasse von Candice Breitz. Begleitend zur Ausstellung ist in Zusammenarbeit mit der Credit Suisse eine zweisprachige Publikation (dt. /engl.) erschienen.
Die Ausstellung wurde unterstützt von der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz sowie dem Land Niedersachsen.