Der verlorene Raum
20 €
Im Fokus der künstlerischen Praxis von Antonia Low (geb. 1972 in Liverpool, lebt in Berlin) stehen Räume und ihr Potenzial als abstrakte Speicher von Geschichte(n). Übersehene, vergessene oder verborgene Orte entziehen sich den üblichen Blickachsen und lassen neue Möglichkeiten in Hinblick auf ihre Nutzung, Bestimmung und Aufladung zu. Welche funktionalen, kulturellen, symbolischen oder architektonischen Eigenschaften diese „anderen“ Räume aufweisen und wie sie sich durch Strategien der Verrückung, Verschiebung oder gar Aushöhlung verändern und veranschaulichen lassen können, waren zentrale Fragen in ihrer Braunschweiger Ausstellung.
Low zeigt keine autonomen Einzelwerke, sondern reagiert auf die Bestimmungen der ihr zur Verfügung gestellten Ausstellungsräume. Ortsspezifisch war auch ihre Installation in der Remise des Kunstverein Braunschweig: Die Gewandskulpturen der vier römischen Göttinnen Minerva, Vesta, Pax und Concordia – entstanden ca. 1805, zeitgleich zur Villa Salve Hospes, in deren Foyer sie sich befinden – wurden in den letzten zwei Jahrhunderten immer wieder, zum Teil nur notdürftig, ausgebessert. Aus den Konchen der Rotunde wurden sie in die Remise überführt, um im Laufe der Ausstellung professionell restauriert zu werden. Durch anfängliche Freilegung der Figuren wurden die über die Zeit entstandenen Schichten sichtbar. Eventuell zuvor falsch ergänzte Teile oder im Prozess abgetragene Materialrückstande präsentierte Low als Fundstücke in einem abgesonderten Raum. Ein großformatiges Bild gekippter Architektur, ausgelegt auf dem Boden der in eine Restaurationswerkstatt verwandelten Remise, markierte die neue Raumordnung. Zeit- und Material-Schichten ließ die Künstlerin aus ihrem ganzheitlichen Bezugssystem entfernen und kreuzte so symbolische und architektonische Konstanten, die zugleich ihren Gegenstand – den Raum – erschöpften. Das neu konstruierte räumliche Gefüge ließ sich in seiner Komplexität und unterbrochenen Zeitlichkeit nur noch fragmentarisch erfassen.
Antonia Low hat im vergangenen Jahr das zweijährige Dorothea-Erxleben-Stipendium an der HBK Braunschweig abgeschlossen. Die Städtische Galerie Nordhorn widmete ihr bereits im Jahr 2011 eine Einzelausstellung. 2013 wurde sie mit dem Bonner Kunstpreis ausgezeichnet, der mit einer Einzelpräsentation im Kunstmuseum Bonn gewürdigt wird.
Die Ausstellung wurde unterstützt von:
StifungKunstfonds
Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur
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